Catrin Jacob
Fachanwältin für Familienrecht


Markt 7, 99310 Arnstadt
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F 03628 / 617 324


Mitglied der Rechtsanwaltskammer
Thüringen.

Strafverteidigerbestellung bald schon im Ermittlungsverfahren möglich?

Schon lange wird kritisiert, dass es keine Prozesskostenhilfe für Beschuldigte oder Angeklagte im Strafverfahren gibt und kein Anspruch auf Verteidigung im Ermittlungsverfahren besteht. Das soll sich durch die – verspätete- Umsetzung der EU PKH-Richtlinie in nationales Recht ändern.

Anders als im Adhäsions- und Nebenklageverfahren ist Prozesskostenhilfe für den Angeklagten im Strafverfahren bisher nicht vorgesehen. Im Strafverfahren gibt es lediglich die Beiordnung eines Pflichtverteidigers, dessen Voraussetzungen jedoch nicht an die finanzielle Bedürftigkeit des Beschuldigten geknüpft sind. Das soll sich nun ändern.

Die umzusetzende EU-Richtlinie sieht vor, dass Verdächtige und Beschuldigte in einem Strafverfahren sowie gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls bereits frühzeitig Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, wenn diese nicht über finanzielle Mittel zur Bezahlung eines Rechtsanwalts verfügen und dies im Interesse der Rechtspflege steht.

Zunächst sollen die Tatbestände der notwenigen Verteidigung geregelt und dabei der Katalog des § 140 StPO in mehrfacher Sicht an die Richtlinienvorgaben angepasst werden. Liege sodann ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, solle die Beiordnung eines Pflichtverteidigers in zeitlicher Hinsicht zukünftig maßgeblich durch die Antragstellung des Beschuldigten bestimmt werden.  Stelle er einen solchen Antrag nach Belehrung nicht, sei dies bei der Prüfung, wann im Vorverfahren gleichwohl eine Pflichtverteidigerbestellung im Rechtspflegeinteresse erforderlich sei, vorrangig zu berücksichtigen. Spätestens mit der Anklageerhebung sei ihm jedoch, wie im derzeit geltenden Recht, in den Fällen der notwendigen Verteidigung ein Pflichtverteidiger zu bestellen.

Zusätzlich soll zur effektiven Umsetzung des Anspruchs des Beschuldigten zusätzlich eine Eilentscheidungsbefugnis der Staatsanwaltschaft geschaffen werden.

Strafverteidiger kritisieren den Entwurf unter anderem dahingehend, dass eine Feststellung und Beiordnung grundsätzlich von einer Antragstellung des Beschuldigten abhängig gemacht werden soll. Von Seiten der Vertreter auf Ermittlungsseite werden Bedenken geäußert, dass die Umsetzung des Regierungsentwurfs, wie bei einer ersten Beschuldigtenvernehmung durch die Polizei, erheblich negative Auswirkungen auf die Strafverfolgung haben werde.   

Die Auswirkungen der verspäteten Umsetzung der Richtlinie bleiben abzuwarten. Auch eine verspätete Umsetzung kann ausnahmsweise unmittelbare Wirkung entfalten. Es bleibt also (zunächst) ungeklärt, ob die Vorgaben der Richtlinie rückwirkend zum 25.05.2019 beachtet werden müssen.