Catrin Jacob
Fachanwältin für Familienrecht


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Mitglied der Rechtsanwaltskammer
Thüringen.

Das Wechselmodell – ein Zukunftsmodell?

Die Zeiten, in denen Pflege und Erziehung der Kinder allein Frauensache waren, sind endgültig vorbei. Weil die Väter es anders wollen und die Mütter Druck machen. Weil in der Regel beide Eltern berufstätig sind und es zur aktiven Vaterschaft kaum mehr eine Alternative gibt. Und vor allem: weil die Kinder beide Eltern brauchen.

Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, dass eine wachsende Zahl von Vätern sich auch im Falle einer Trennung nicht mit der Rolle des Besuchsvaters am Wochenende begnügen will. Und dass immer mehr Mütter ein größeres Engagement des Vaters ihres Kindes auch nach der Trennung einfordern. Das Wechselmodell, also eine annährend gleiche Aufteilung der Betreuung und Erziehung zwischen Mutter und Vater, erscheint als logische Konsequenz. Nur: Was bedeutet dieses aus erwachsener Sicht zunächst einleuchtende Modell für ein Kind? Wird der häufige Wechsel zwischen zwei Lebensorten auch seinen Bedürfnissen gerecht? Entspricht dies dem Kindeswohl?

Elternrecht bedeutet vor allem  Elternverantwortung, die darin besteht, das Kind zu seinem Recht kommen zu lassen. Bei der Wahl des Betreuungsmodells sollten daher die Bedürfnisse des Kindes im Vordergrund stehen. Eltern sollten sich fragen: Welches Betreuungsmodell kann dem Kind die größte Sicherheit vermitteln, seine Eltern in möglichst gewohntem Umfang zu behalten, ohne es dabei zu überfordern? Betreuten bisher beide Eltern das Kind, so sollte eine ähnliche Betreuungsregelung auch weiterhin angestrebt werden, um dem Kind die gewachsenen Bindungen in bisherigem Umfang zu erhalten. Wurde das Kind jedoch ganz überwiegend von einem Elternteil versorgt und ist dieses Betreuungsmodell ihm vertraut, so wird es diesen Elternteil vermissen, wenn es sich mehr als vorher üblich beim anderen Elternteil aufhält.

Einschneidende Veränderungen der bisher praktizierten Betreuung können zusätzliche Verlusterfahrungen zur Folge haben und dem Kind emotionale und soziale Ressourcen nehmen, die es bei der Bewältigung der familiären Trennung benötigt. Auch eine abrupte Änderung bei den Betreuungsaufgaben kann gerade bei jungen Kindern zu Angst und Stress führen. Auch kann das gewählte Betreuungsmodell im Laufe der Jahre für das Kind nicht mehr passen. Entscheidend ist, dass die Eltern auch nach einer Trennung die Bedürfnisse und das Wohlergehen ihres Kindes im Blick behalten. Die konkreten Bedürfnisse des Kindes müssen im Mittelpunkt stehen.

Das Wechselmodell taugt damit nicht als Standardmodell. Da dieses Modell auch besonders hohe Anforderungen an Eltern und Kinder stellt und von allen Beteiligten motiviert mitgetragen werden muss, sollte es auch nicht gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden. Ob im Einzelfall die Voraussetzungen für das Wechselmodells vorliegen, kann durch eine fachanwaltliche Beratung geklärt werden.
(veröffentlicht im Amtsblatt Arnstadt im Februar 2020)