Catrin Jacob
Fachanwältin für Familienrecht


Markt 7, 99310 Arnstadt
T 03628 / 617 30
F 03628 / 617 324


Mitglied der Rechtsanwaltskammer
Thüringen.

Aus dem Leben einer Anwältin…

Kürzlich machte mir meine 6-Jährige den Vorschlag, nachdem ich meine rote Aktentasche ins Auto stellte, für mich den anstehenden Gerichtstermin wahrzunehmen. Sie würde sich „schön anziehen“, für mich zu Gericht gehen und ich könne heute anstatt ihrer in die Kita gehen und dort mit ihren Freundinnen den Tag verbringen. Ein charmantes Angebot, das ich gern angenommen hätte.

Die Vorstellung meiner Tochter, sich „schön anzuziehen“ reiche für die Wahrnehmung eines Gerichtstermin, hat mich jedoch dazu veranlasst, ein paar falsche Vorstellungen von der Tätigkeit eines Rechtsanwalts richtigzustellen.

Immer wieder gern wird über verschiedene TV-Shows und Serien dem Zuschauer versucht glaubhaft zu machen, der Anwalt habe lediglich max. 2 bis 3 Mandate, um die er sich ständig kümmern kann. Für diese Mandanten kann er oder sie noch umfangreiche Recherchetätigkeiten verrichten und sogar ganze Sachverhalte durch Nachforschen aufklären! Naja, von 2 bis 3 Mandanten kann wohl kein Rechtsanwalt überleben- auch nicht bei spektakulären Fällen, wie sie oft im Fernsehen vorkommen. Natürlich nehme ich mir die Zeit, die ein Mandat benötigt, um eine sorgfältige Bearbeitung jedes Mandats zu gewährleisten. Allerdings obliegt es mir nicht, auf eigene Faust zeitaufwändige Nachforschungen vorzunehmen oder gar den Gegner privat zu beobachten, um mögliche Beweise zu sichern! Dies ist Aufgabe anderer Institutionen, wie z.B. der Polizei oder das Gericht holt selbst Erkundigungen ein.

Auch tauchen in diversen Serien gern plötzlich wie aus dem Nichts Zeugen auf, die ganze Verfahren auf den Kopf stellen oder ganz wichtige Dinge zum Verfahren beitragen. Meist werden Strafverfahren nachgestellt, die so in dieser spektakulären Form nichts mit der Wahrheit in deutschen Gerichtssälen zu tun haben. Spannend können diese Verfahren aber tatsächlich werden, da in manch einem Verfahren Aussagen von dem Angeklagten oder Zeugen gemacht werden, die überraschend sein können und das Verfahren eine andere Wendung nehmen lassen. Da ich auch die Nebenklage-also die Opfer eines Verbrechens- vertrete, habe ich schon oft solche Situationen erlebt. 

Kurzum: die nachgestellten Gerichtssendungen haben wenig mit der Wahrheit zu tun. Aber ohne die spektakulären Zeugen würden die Einschaltquoten ja nicht so hoch sein. Angst muss jedenfalls niemand haben, der das erste Mal vor Gericht muss, ob als Kläger, Antragsteller, Angeklagter oder Zeuge. Hierfür sorgt bereits die Prozessordnung. Eine Aufklärung in Vorbereitung eines Termins mache ich grundsätzlich mit meinen Mandanten. Auch eine vorherige Besichtigung des Gerichtssaales, gerade wenn Kinder angehört werden sollen, kann Entspannung bringen. Weiter kann auch in geeigneten Fällen eine psychosoziale Prozessbegleitung in Anspruch genommen werden.

Trotzdem kann eine Anwaltsserie auch für eine Juristin sehr unterhaltsam sein, wenn man über die diversen Fehler, die bei der Darstellung eines Prozesses etc. gemacht werden, hinwegsehen kann…
(veröffentlicht im Amtsblatt Arnstadt im Januar 2020)